Osterbräuche
Ostereier
von Clemens Gull
Die Tradition der Ostereier reicht tief in die Geschichte des Christentums und darüber hinaus. Seit dem 10. Jahrhundert war es unter den koptischen Christen Brauch, sich zum Osterfest gegenseitig Eier zu schenken. Das klassische Osterei schenkte man traditionell am Ostermorgen als Zeichen der Auferstehung.
Das Oster-Ei als Symbol der Auferstehung
Im Christentum hat das Ei eine tiefgreifende Symbolik: Von außen kalt und tot, repräsentiert es im Inneren neues Leben. Diese Vorstellung wurde zum Symbol für das Grab in Jerusalem, aus dem Jesus Christus am Ostermorgen auferstand. Merksprüche trugen dazu bei, diese Vorstellung in der Bevölkerung zu verbreiten.
Wie der Vogel aus dem Ei gekrochen,
Volksmund
hat Jesus das Grab zerbrochen
Praktische Gründe für das Schenken von Eiern
Die Tradition, Eier zu Ostern zu verschenken, hat auch praktische Ursprünge. Das mittelalterliche Fastenverbot von Fleisch und Eierspeisen vor Ostern führte dazu, dass große Mengen an Eiern ansammelten. Um einen Verderb zu verhindern, wurden die Eier abgekocht und haltbar gemacht. Bauern entrichteten den Pachtzins oft mit diesen Eiern, während die übrigen verziert und zur Weihe in die Kirche mitgenommen wurden, um sie anschließend zu verschenken.
Färben und Verzieren der Eier
Die Tradition des Eierschenkens reicht bis zu den armenischen Christen der ersten Jahrhunderte nach Christus zurück. In der orthodoxen Ostkirche wurden Eier vorwiegend rot bemalt, als Symbol für den auferstandenen Christus und sein vergossenes Blut. Ab dem 12. Jahrhundert begann die lateinische Westkirche mit dem Färben der Eier in verschiedenen Farben und deren Verzierung durch Blasen, Beschreiben oder Bekleben.
Bräuche rund ums Osterei
Die Vielfalt der Bräuche rund ums Osterei ist beeindruckend. Spiele wie Eierkippen, Eierpecken, und Eierrollen sind bis heute beliebt. In ländlichen Regionen existiert der Brauch der „Eierlage“, bei dem junge Männer in einem Wettbewerb Eier einsammeln müssen. Andere Spiele wie das Eierrollen und das seltener gewordene Ostereierfangen sind in Freilichtmuseen zu bewundern.
Das Antlaßei
Am Gründonnerstag, Karfreitag oder Karsamstag wird das besondere Antlaßei gelegt. Der Name kommt von Ablass, was so viel wie Entlastung bedeutet. Diese Eier sollen vor Feuer und Blitzschlag schützen. Die geriebenen Eierschalen werden den Hühnern zum Fressen gegeben, damit sie weiterhin brav Eier legen.
Eierwerfen
Ein geweihtes Ei oder auch nur dessen Schale bringt Glück und schützt vor Krankheiten und Unheil. Im Lungau und Flachgau werden besonders die Antlaßeier übers Haus geworfen, um es vor Unwettern und Blitzschlag zu bewahren. Ähnlich wirkt auch der geweihte Palmbuschen, der aufs Feld gesteckt wird, um eine gute Ernte zu bringen, oder am Dachboden oder unter dem Giebel des Hauses platziert wird, um das Haus zu schützen. Sogar Wildbäche sollen so mild gestimmt werden.
Eierpecken
Das Eierpecken ist ein alter Osterbrauch, bei dem zwei Spielerinnen oder Spieler je ein hart gekochtes Osterei in die Hand nehmen. Eine Person schlägt mit der Spitze ihres Eis auf die Eispitze der Gegenspielerin oder des Gegenspielers, in der Hoffnung, dessen Schale zu zerbrechen. In Familien wird das Pecken oft am Ostermorgen am Tisch gespielt. Sieger ist die Person, deren Ei am Ende als einziges unversehrt bleibt.
Das Oster-Ei ist mehr als nur eine kulinarische Leckerei oder eine hübsche Dekoration. Es trägt eine reiche Symbolik in sich und ist Teil vielfältiger Bräuche, die die Osterzeit auf einzigartige Weise bereichern. Von der christlichen Tradition bis zu den farbenfrohen Spielen – das Oster-Ei steht im Mittelpunkt eines faszinierenden kulturellen Erbes.