Gesundheitsbräuche
Kräuterweihe
von Clemens Gull
Die Tradition der Kräuterweihe zu Mariä Himmelfahrt ist ein faszinierender Brauch, der tief in der katholischen Kultur verwurzelt ist. Am 15. August, einem Tag, der in Österreich als gesetzlicher Feiertag anerkannt ist, wird nicht nur die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel gefeiert, sondern auch ein Brauchtum gepflegt, das bis ins 9. Jahrhundert zurückreicht1.
Die Kräuterweihe, auch bekannt als Großer Frauentag, Maria Kräuterweih oder Maria Wurzweih, ist ein Symbol für die Verbindung zwischen dem Göttlichen und der Natur. Die geweihten Kräutersträuße, oft aus sieben, neun, zwölf oder sogar 77 verschiedenen Kräutern bestehend, repräsentieren nicht nur die Schöpfungstage, die Heilige Dreifaltigkeit, die Apostel oder andere christliche Symbole, sondern dienen auch als Schutz und Segen für die Menschen und ihre Häuser.
Die Zusammensetzung der Kräutersträuße variiert regional, aber einige Pflanzen sind besonders beliebt, wie die Königskerze, die oft in der Mitte des Straußes platziert wird, oder der Alant, dessen Blütenzahl auf manchen Höfen der Anzahl der Bewohner und Tiere entspricht. Diese Kräuter werden traditionell in die Sträuße eingebunden und im Gottesdienst gesegnet. Der Tee aus diesen Kräutern gilt als besonders heilsam, und es wird angenommen, dass er Krankheiten heilen und vor Unheil schützen kann.
In vielen Gemeinden, besonders im süddeutschen Raum, ist es üblich, dass sich die Menschen treffen, um gemeinsam die Kräuter zu sammeln und zu binden. Nach der Weihe werden die Kräuterbüschel oft im sogenannten Herrgottswinkel des Hauses aufgestellt, wo sie das ganze Jahr über als Zeichen des Glaubens und der Hoffnung auf Schutz und Glück dienen.
Die Kräuterweihe ist mehr als nur ein religiöses Ritual; sie ist ein kulturelles Erbe, das die Gemeinschaft zusammenbringt und die Wertschätzung für die Natur und ihre Gaben fördert. Es ist ein Brauch, der die Menschen daran erinnert, dass selbst in den einfachsten Pflanzen ein Segen liegen kann.