
Einkehrbräuche
Nikolausbesuch
von Clemens Gull
Der Heilige Nikolaus war Bischof in Myra (heutige Türkei) und starb vermutlich um das Jahr 350 n. Chr. – seine Verehrung reicht bis ins 6. Jahrhundert zurück. In der Volksfrömmigkeit gilt er als Schutzpatron der Kinder, der Reisenden und vieler anderer Gruppen. Im Alpenraum – insbesondere in Salzburg und Voralpenland – entwickelte sich der Nikolaus-Brauch im Advent bzw. am 5. und 6. Dezember als feststehender Bestandteil der Winter- und Kinderkultur.
Ablauf und typische Rituale
- Am Abend des 5. Dezember werden in traditionellen Familien geputzte Stiefel, Schuhe oder Strümpfe vor die Tür oder ans Fenster gestellt – der Nikolaus füllt sie über Nacht mit kleinen Gaben (Äpfel, Nüsse, Mandarinen, Süßigkeiten).
- In manchen Gemeinden zieht eine Gruppe mit dem Nikolaus (oft in Bischofskleidung: Mitra, Krummstab) von Haus zu Haus – er lobt die braven Kinder, liest aus dem „Goldenen Buch“ vor, und bei den weniger braven Kindern kommt eine Begleitfigur wie der Krampus (oder regional anders genannt) hinzu. Welcher die mahnende Funktion übernimmt.
- In Salzburg findet sich etwa der Brauch des „Nikolausgartens“: Ein kleines dekoriertes Brett mit Figuren des Nikolaus und seines Begleiters sowie Gaben, das am 5. Dezember aufgestellt wird.
Für die Region Salzburg und das Voralpenland ist der Brauch besonders bedeutsam, weil er eine feste Brücke zwischen kirchlicher Tradition (Heiligenverehrung) und lokaler Volkskultur schlägt. So wird Nikolaus nicht nur als religiöse Größe wahrgenommen, sondern als liebevoll-vertrauter Gabenbringer und Erzieherfigur: Er erinnert Kinder daran, dass gutes Verhalten wahrgenommen wird. Gleichzeitig ist der Besuch durch Nikolaus und die Begleitung einer oder mehrerer Krampusse ein soziales Ereignis in der Familie oder im Dorf.
Heutzutage wird der Nikolaus-Brauch vielfach modernisiert (in Kindergärten, Schulen, Einkaufszentren). Dennoch bleibt der Kern derselbe: gutes Verhalten wird belohnt, schlechtes ggf. gerügt. Zudem wirkt der Nikolausbesuch heute weniger furchteinflößend als früher – viele Eltern wählen eine „sanftere“ Variante ohne Rute oder abschreckende Figuren.
Der Nikolaus-Brauch im Salzburger und Voralpenland ist eine lebendige Mischung aus kirchlicher Heiligenverehrung, kindgerechtem Ritual und ländlich-alpenländischer Volkskultur. Er verbindet Wertevermittlung (Güte, Dankbarkeit) mit Gemeinschaftserlebnis (Familie, Nachbarschaft) und festlichem Brauch (Advent).