
Raunachtsbräuche
Rauchengehen
von Clemens Gull
„Rauchengehen“ ist ein alter bäuerlicher Brauch im Salzburger Land und der Voralpenregion, bei dem Haus, Hof, Stall und meist auch die Felder mit Rauch (Kräuter oder Weihrauch auf glühender Kohle) durchzogen werden. Ziel war es, das Haus und das Vieh zu segnen, Unheil und böse Geister abzuwehren und Schutz für das kommende Jahr zu erbitten.
Traditionell findet das Rauchengehen in den sogenannten Rauhnächte („Rauchnächte“) statt – das sind im Volksglauben die zwölf Nächte zwischen dem 21. Dezember (Thomastag) und dem 6. Jänner (Dreikönigstag). In der Praxis wird meist insbesondere eine Auswahl dieser Nächte genutzt – etwa die Nacht vor dem Dreikönigstag oder eine zentrale Jahresend-/Jahresanfangs-Nacht.
Der Ablauf variiert je nach Hof, Region und Überlieferung – im Kern lassen sich aber folgende Schritte erkennen:
Es wird ein Räuchergefäß (z. B. ein altes Eisen-Bügeleisen mit Holzkohle oder eine Räucherpfanne) vorbereitet. Kräuter, Harze oder Weihrauch werden bereitgestellt (z. B. getrocknete Kräuter aus dem Garten, Weihrauchkörner) und ggf. Weihwasser. Oft ist die ganze Familie (oder zumindest mehrere Generationen) versammelt.
Vom Hausinneren (z. B. der Stube) aus zieht man mit dem Räucherwerk durch Haus und Hof – oft zuerst Wohnräume, dann Keller, Stall, Scheune, Hof. Im Stall wird oft besonders gebetet oder eine Segnung vorgenommen: „Stallglück“ für das kommende Jahr soll her. Manchmal wird in jeder Ecke, als zeichen der Reinigung, oder an jedem Tierstand der Rauch geschwenkt und Weihwasser gesprengt – Zeichen der Reinigung.
Mit dem Rauch wird symbolisch das Alte hinausgetragen (Unglück, Krankheit, Geister) und das Neue eingeladen (Gesundheit, Schutz, Glück). In manchen Familien gehört ein Gebet (Rosenkranz) nach der Räucherung dazu.
Der Brauch verbindet christliche und vorchristliche Elemente: In der christlichen Tradition war das Räuchern ein Segensritual – man gedachte Schutzes für Haus und Hof. Zugleich ist der Glaube an die Wirksamkeit von Rauch zur Vertreibung böser Geister oder Unheil sehr alt und tief bäuerlich verankert.
Das Rauchengehen ist kein altes „Museumstradition“, sondern eine lebendige Möglichkeit, über Jahrhunderte gewachsene Beziehungen zwischen Mensch, Haus, Stall und Jahreszeit zu pflegen. Wer im Salzburger Land oder im Voralpenraum lebt (oder dort Besuch hat), kann das Ritual begleiten oder sogar selbst durchführen.